Wem sollen wir folgen? Herr, Du hast Worte des ewigen Lebens! (Joh. 6,68)

In den letzten Wochen konnte man lesen: „Immer wieder, das zeigt sich jetzt einmal mehr, ist Papst Benedikt XVI. für eine Überraschung gut… Man denke nur zwei, drei Jahre zurück. Da hatten viele den Papst in die Ecke der Traditionalisten gestellt – und in den Kreisen jener, die sich eine Reform der Liturgiereform wünschen, galt Papst Benedikt als einer der ihren: Als der, der das Gespräch mit den Lefebvrianern sucht, der die ‚alte Messe’ liberalisiert, der alte liturgische Gewänder bevorzugt und am Altar einen klassischen Stil pflegt.
Man kann es zurzeit richtig spüren, wie sich mancher Köpfe in traditionalistischen Kreisen ein rasant zunehmender Drehschwindel bemächtigt. Ein Blick auf die gerade zurückliegenden Wochen genügt: Es erscheint ein Interview-Buch mit Benedikt XVI., in dem er etwas anspricht, worüber noch nie ein Papst laut nachgedacht hat: den Gebrauch von Kondomen im Prostituierten-Milieu.
Dann geht es weiter, Schlag auf Schlag. Benedikt XVI. kündigt ein weiteres Treffen der Religionen in Assisi an. Er ernennt einen Präfekten der Ordenskongregation, der der religionsum- und -übergreifenden Bewegung der Fokolarini nahesteht. In einer Ansprache vor Diplomaten beim Heiligen Stuhl stellt er das Prinzip der Religionsfreiheit in den Mittelpunkt – den Pius-Brüdern muss sich der Magen im Leibe herumgedreht haben.
Er bezeichnet das Fegefeuer nicht als Ort, sondern als ‚inneres Feuer’ jeder einzelnen Person, kündigt die Seligsprechung von Johannes Paul II. an und lässt die Akte Pius' XII. erst einmal in der Schublade liegen, beruft an die Spitze der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften einen Protestanten, an die des ersten Ordinariats für ehemalige Anglikaner einen verheirateten Priester und sandte gestern selber Missionare des Neokatechumenalen Wegs aus, nachdem er zuvor dafür Sorge getragen hatte, dass der Katechismus des Neokatechumenats den Segen der Glaubenskongregation erhält und die japanischen Bischöfe davon Abstand nehmen, die Anhänger Kikos des Landes zu verweisen. Herzstillstand bei den Traditionalisten. Wer auch immer geglaubt hatte, er wisse ganz genau, was der Heilige Vater denke und entscheiden werde, steht jetzt vor einem Neuanfang.
… Vielleicht haben gewisse Kreise den deutschen Theologen-Papst zu vorschnell für sich eingenommen und als einen der ihrigen deklariert… Jetzt allmählich können manche Papst Benedikt XVI. als jemanden entdecken, den sie zunächst in eine ganz bestimmte Ecke gestellt hatten, was sich nun als Fehleinschätzung erweist. Die Geschichte des deutschen Pontifikats ist noch lange nicht geschrieben“ (Guido Horst, Ein doppelter Neuanfang, in: Die Tagespost, 17.01.2011, http://www.die-tagespost.de/art456,121375 ).
Es mag schon sein, dass sich bei manchem Drehschwindel, Magendrücken oder gar Herzstillstand bemerkbar machten, - wie sollte es auch anders sein angesichts der Lage der Kirche und des Verhaltens so vieler „Katholiken“ und Kirchenoberer? Kein wahrhafter Jünger Jesu Christi kann ruhig bleiben, wenn er sieht, wie das Heiligste heute verhöhnt und jeder Gotteslästerung heute Raum gegeben wird!
Allerdings, gar so überraschend, wie behauptet wurde, war die Entwicklung der letzten Tage nicht, auch wenn man als Christ die Hoffnung auf Gott nicht verlieren und vom anderen möglichst das Bessere denken soll.
Hat Joseph Ratzinger nicht schon kurz nach seinem Amtsantritt den Beginn des „Seligsprechungsprozesses“ für Joh.Paul II. entgegen allen kirchlichen Regeln eingeleitet und damit auch zu verstehen gegeben, dass er die Amtsführung und Maßnahmen seines Vorgängers nicht kritisieren, sondern vielmehr lobend weiterführen wird?
Dazu gehört aber auch die Assisi-Friedensgebet-Veranstaltung von 1986, bei der die Heiden zur religiösen Verehrung ihrer Götter aufgerufen wurden, in Kirchen, aus denen die überlieferte katholische Liturgie schon seit Jahren verbannt worden war! Diese Veranstaltung will er jetzt im Oktober zum 25. Jahrestag selbst wiederholen und feiern, wie er am 1. Januar 2011 angekündigt hat.
Dass ein Christ nicht zu heidnischem Götzendienst aufrufen kann, ohne seinen Herrn und Gott zu verleugnen, ist Ratzinger, aber auch vielen „katholischen“ Kommentatoren, anscheinend egal oder völlig entgangen.
Guido Horst scheint es in seinem obigen Kommentar auch gar nicht bewusst zu sein, dass es für den Katholiken nicht darum geht, ob er jemanden für sich eingenommen hat oder nicht, wie er unterstellt, sondern darum, wie solche Vorgänge und Entscheidungen vor Gott zu bewerten sind.
Sind es Entscheidungen, durch welche die Ehre Gottes und das Heil der Seelen gefördert werden oder nicht? Wird der Glaube, die Hoffnung und die Liebe gestärkt oder ins Zwielicht gezogen? Wird der Wahrheit gedient oder werden Verwirrung und Verblendung, durch welche unsere Zeit so heftig bedrängt wird, noch weiter verschärft und vermehrt?
(Bei einer „Seligsprechung“ im Sinne der Kirche müsste auf alle Bedenken eingegangen werden, die im Sinne des katholischen Glaubens gemacht werden. Geschieht dies nicht, zeigt dies, dass auch nicht ernsthaft von einer wirklichen Seligsprechung im Sinne des katholischen Glaubens gesprochen werden kann. Bestand früher auch nur der geringste Zweifel an der Glaubensgemäßheit von Aussagen oder Taten einer Person, konnte selbstverständlich niemand zur „Ehre der Altäre“ zugelassen werden, weil sonst ja durch die Kirche Falsches oder Unwürdiges gebilligt würde!).
Ja, es ist wahr, die Geschichte des „deutschen Pontifikats“, aber auch die Geschichte der katholischen Kirche, ist noch nicht zu Ende geschrieben. Es steht noch in der Verantwortung des freien menschlichen Willens, wie sie sich in den Augen Gottes und für das Heil der Menschen entwickeln wird. Nicht nur hohe Verantwortungsträger, auch jeder einzelne von uns ist vor Jesus Christus verantwortlich und berufen, durch Wort und Werk, nicht zuletzt aber auch durch persönliche Opfer und Gebete sich für das Reich Gottes einzusetzen und jedem Feind der Wahrheit und Gottes entgegenzutreten. Jeder ist dazu berufen, auch selbst dafür zu sorgen, damit diese uns noch gegebene Zeit nicht zu einer Zeit des Verderbens und der Abkehr von Gott, sondern zu einer Geschichte der Umkehr und der wahren Erneuerung der Kirche Jesu Christi werden kann!
Unsere Hoffnung sind nicht Menschen, sondern unsere Hoffnung ist Gott! Ohne Ihn können wir nichts tun, ohne ihn wird man die Kirche auch nicht erneuern oder den Frieden finden können. Bei aller Abkehr von Christus, die wir leider so oft beobachten müssen, wollen wir unsere Liebe zu Ihm erneuern und durch gute Werke, auch durch den Einsatz für Sein Evangelium, stärken! Die Geschichte der Kirche ist keine Geschichte der Hoffnungslosigkeit oder des bloßen „Laufen-Lassens“. So brauchen auch wir bei allen menschlichen Enttäuschungen nicht zu verzagen! Jesus ist bei uns „alle Tage bis zur Vollendung der Welt“ (Mt. 28,20) und „die Pforten der Hölle“ werden Seine „Kirche nicht überwältigen“ (Mt. 16,18).
Christus hat Hirten berufen, die Seine Stelle auf Erden vertreten sollen. Tun sie dies nicht, können sie von den Schafen nicht erkannt werden. „Einem Fremden folgen sie nicht. Sie fliehen vielmehr vor ihm, weil sie die Stimme des Fremden nicht kennen!“ (Joh. 10,5). Menschen sind immer nur Werkzeuge in der Hand Gottes, oft auch gegen ihren Willen, der sich gegen die Wahrheit Gottes aufzulehnen bestrebt. Gott aber schreibt die Geschichte, und Er schreibt auch auf noch so krummen Zeilen, welche der menschliche Wille oft zieht, gerade! Vereinigen wir uns im Gebet, wie es die wahren Christen immer getan haben! Nicht zu heidnischen Götzen, sondern scharen wir uns im Rosenkranzgebet um Jesus und Maria, wie es uns vom Himmel her auch oft schon ans Herz gelegt worden ist! Jesus ist der wahre Hirte und Erlöser unserer Seelen! Menschen sind immer nur Stellvertreter und können deswegen auch nur in wahrer Treue zu Ihm Hirten Seiner Herde sein! Nur in Ihm und durch Ihn finden wir den Weg zu Gott, werden wir Segen herab rufen können und auch jenen Frieden finden, den die Welt nicht geben kann (vgl. Joh.14,27), den sie aber so sehr braucht und in dem allein das Heil zu finden ist!

Thomas Ehrenberger

 

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